Ein tödlicher Sturm zieht auf …
Ein Kreuzfahrtschiff, eine traumhafte Hochzeitsreise – und ein unvorstellbares Verbrechen. Kommissarin Kati Lindberg wollte die Zeit mit ihrer Familie in vollen Zügen genießen, doch als eine grausam zugerichtete Leiche an Bord gefunden wird, ändert sich alles. Der Täter ist noch mitten unter ihnen …
Während das Schiff durch aufgewühlte Gewässer fährt und ein Sturm aufzieht, beginnt ein nervenaufreibendes Katz-und-Maus-Spiel. Der Mörder hinterlässt kryptische Hinweise und rätselhafte Symbole, die Kati an ihre Grenzen bringen. Doch der Sturm macht jede Hoffnung auf Unterstützung zunichte – das BKA kann aufgrund des Wetters keine Verstärkung schicken. Kati steht allein gegen einen skrupellosen Gegner, der ihr immer einen Schritt voraus ist, während die Grenzen zwischen Freund und Feind verschwimmen.
Kapitel 1
Die Nordsee peitschte dunkle Wellen gegen die MS Frozen Tide, deren Lichter in der Nacht flackerten wie Sterne, die auf dem Wasser tanzten.
Er lehnte sich zurück in den Schatten. Sein Gesicht verzog sich zu einer hässlichen Fratze, als er an das dachte, was er als erstes vorhatte. Seine Hände würden langsam über die zerschundenen Wunden gleiten und warmes, pulsierendes Blut spüren, zäh und lebendig, während der letzte Blick seines Opfers sich in seine Gedanken einbrennen würde. Er kam nicht umhin zu grinsen.
Der Plan war einfach und doch voller Raffinesse, gewebt aus Geduld und der präzisen Kunst der Täuschung. Er hatte sie geschickt in die Falle gelockt. Bald würde die Vergangenheit, die sie so leichtfertig hinter sich gelassen zu haben glaubten, sie mit offenen Armen empfangen.
Niemand ahnte, dass das Schiff ihn nicht nur von Hafen zu Hafen, sondern auch näher an das Ende eines langen, dunklen Pfades brachte, den er vor Jahren betreten hatte.
Als die Uhr Mitternacht schlug, fühlte er, wie das Gewicht der bevorstehenden Tat auf seine Schultern drückte. Doch es gab kein Zurück mehr. Mit einem letzten Blick auf das unruhige Meer machte er sich auf den Weg.
Die Zeit des Versteckens war vorbei; die Zeit der Enthüllung hatte begonnen.
Kapitel 2
Die Wellen der Nordsee schlugen sanft gegen die Seite des Kreuzfahrtschiffs, während Kati und Georg, eingehüllt in die sanfte Dämmerung, die frische Meeresbrise genossen. Georgs Arme umschlossen Kati liebevoll von hinten, seine Hände ruhten behutsam auf ihrem Bauch, während sie gemeinsam in die stille Weite der Nacht über dem Meer blickten.
Kati strich sich eine blonde Haarsträhne aus dem Gesicht, die der Wind ihr ins Auge geweht hatte. Ihre langen Haare fielen ihr elegant auf die Schultern, passend zu ihrem klassischen, zeitlosen Stil. Die leichten Falten um ihre Augen verrieten ihr Alter – Mitte vierzig – doch ihre Ausstrahlung blieb ungebrochen, ihr gutaussehendes Gesicht strahlte Ruhe und Entschlossenheit aus.
Georg, einige Jahre älter als Kati, lehnte sich mit seinem kleinen Bauch gegen ihren Rücken, und der Wind strich über seine stoppeligen Haare, die im Abendlicht leicht glänzten. Trotz des Altersunterschieds hatten sie eine Vertrautheit, die sie wortlos verband. Mit einem sanften Lächeln auf den Lippen legte er den Kopf auf ihre Schulter.
»Es ist unglaublich schön auf dem Meer, findest du nicht?«, murmelte Georg, sein Atem warm an Katis Ohr. »Ich könnte mich wirklich daran gewöhnen.«
Kati lehnte sich zurück und lächelte. »Ja, es ist eine andere Welt. Sogar Rian hat es heute genossen. Hast du gesehen, wie er an Deck gekrabbelt ist und sich die Möwen angesehen hat?«
Georg grinste. »Der kleine Kerl hat wirklich Entdeckergeist. Vielleicht wird er uns bald bei den nächsten Ausflügen zeigen, wo es langgeht.«
»Wer weiß«, erwiderte Kati schmunzelnd. »Aber das Entdecker-Gen hat er definitiv nicht von dir.«
Georg zog eine Augenbraue hoch. »Was du nicht sagst. Na, zumindest habe ich beim Landgang in Schottland bewiesen, dass ich mit den einheimischen Tieren gut klarkomme.«
»Du meinst, als das Schaf deinen Schal angeknabbert hat, während du versucht hast, ihm Brot zu geben?«, kicherte Kati.
»Ja, und dann musste ich ihm hinterherrennen, um meinen Schal zurückzubekommen. Was leider nicht geklappt hat. Ich wette, das Schaf trägt ihn immer noch durch die Highlands«, gab Georg lachend zurück.
Ihr Lachen vermischte sich mit der dumpfen Melodie eines Salsa-Trios, die aus dem Inneren des Schiffes durch die Wände des Tanzsaals drang. Drinnen tanzten die Passagiere ausgelassen, genossen den Abend, während draußen auf dem Deck ein junger Mann vorbei joggte, offensichtlich bemüht, die Pfunde der üppigen Buffets der letzten Tage wieder loszuwerden.
Nach einer Weile wurde Katis Lächeln sanfter, und sie sah gedankenverloren hinaus auf das Meer. »Schade, dass unsere Doppelhochzeitsreise bald zu Ende ist. Dann fängt der ganz normale Wahnsinn wieder an und die endlose Jagd nach Verbrechern geht weiter.« Sie seufzte leise, ihre Stimme klang ruhig, aber auch ein wenig erschöpft. »Ich liebe meine Arbeit, Georg – die Fälle, die Zusammenarbeit mit meinen Kollegen das Lösen der Rätsel. Aber manchmal ...«, ihre Stimme wurde leise, »manchmal hasse ich es, ständig von diesen irren Typen umgeben zu sein, die den Menschen so viel Leid bringen.«
Georg drückte ihre Hand. »Ich weiß, es ist schwer. Aber du bewirkst etwas, Kati.«
Sie seufzte tief. »Ich weiß. Es ist nur, dass der Urlaub – die ganze Reise – so schön ist. Ich wünschte, sie würde noch zwei, drei Wochen weitergehen.«
Als es Zeit wurde zurückzugehen, schlenderten Kati und Georg langsam in Richtung ihrer Kabine. Das Lachen und die Musik hallten hinter ihnen nach.
Auf halbem Weg machten sie einen Umweg zu einer digitalen Infowand, die Bilder und Beschreibungen der bevorstehenden Landgänge zeigte. Georg blieb vor einem Foto des Kråkenes-Leuchtturms stehen. »Sieht nett aus, oder? Der Leuchtturm, mitten in den Wellen.« Seine Stimme klang weniger begeistert als bei anderen Landgängen.
Kati zuckte mit den Schultern und tippte auf ein Bild des Kannesteinen-Felsens. »Ja, ganz interessant, dieser geformte Felsen. Aber mal ehrlich, ein bisschen Natur reicht mir schon. Wichtiger ist, dass wir uns einfach die Beine vertreten.«
Georg nickte. »Stimmt, Hauptsache mal runter vom Schiff.«
Nachdem sie noch einige Minuten über die vergangenen Landgänge gesprochen hatten, setzten sie ihren Weg fort. Durch die Fenster sah Kati, dass sich die Nacht vollständig über das Schiff gelegt hatte, und die Sterne am schwarzen Himmel funkelten.
In ihrem Gang zum Zimmer angekommen, wurde die Stille plötzlich von einem durchdringenden Babygeschrei durchbrochen, das aus der Nachbarkabine kam. Kati blieb stehen und lauschte. Das Weinen gehörte eindeutig dem kleinen Rian.
»Sollten wir nachsehen, ob Flo und Sandra Hilfe brauchen?«, fragte Kati.
Georg schüttelte den Kopf und zog sie sanft am Arm. »Sie schaffen das, Schatz. Sie sind großartige Eltern. Es war ein langer Tag für uns alle. Lass uns versuchen, etwas zu schlafen.«
Kati zögerte einen Moment, nickte dann aber langsam. Sie setzten ihren kurzen Weg fort, während das Weinen langsam abklang. Bevor Kati die Tür öffnete, blickte sie noch einmal den Gang hinunter. Das Schiff schien in tiefen Frieden gehüllt, doch ein flüchtiges, beunruhigendes Gefühl beschlich sie. Es war nichts Konkretes, nichts, das sie festhalten konnte, aber es ließ sie ahnen, dass hinter dem friedlichen Schein etwas Unheilvolles verborgen sein könnte.